Mit dem Weimarer Dreieck begründeten die Außenminister Genscher, Dumas und Skubiszewski 1991 eine wegweisende Zusammenarbeit zwischen Deutschland, Frankreich und Polen. Große Erfolge folg-ten mit der gegenseitigen Verflechtung unserer Länder und durch den Beitritt Polens zur Europäischen Union 2004.
Zum 30. Jahrestag des Weimarer Dreiecks appellieren wir, Abgeordnete aus Frankreich, Polen und Deutschland, an unsere Regierungen, jetzt neue Ziele für das Weimarer Dreieck zu stecken. Denn wie 1991 stehen wir auch heute vor Umbrüchen, die es erfordern, dass wir unsere Zusammenarbeit auf eine neue Ebene heben.
Für eine engere Zusammenarbeit müssen wir das Verständnis füreinander auf allen Ebenen festigen. Städtepartnerschaften, Jugendaustausche, Wissenschaftskooperationen und die Projekte vieler engagierter Bürgerinnen und Bürger haben ein freundschaftliches Miteinander ermöglicht. Genau das müs-sen wir weiter fördern. Denn gerade in Zeiten von Streitigkeiten auf oberster Ebene, wie zur Zeit beim Thema Rechtsstaatlichkeit zwischen der polnischen Regierung und der EU, sind feste menschliche, kul-turelle und wirtschaftliche Bande wichtiger denn je.
Gerade Corona hat gezeigt, wie wichtig der Erhalt offener Grenzen zwischen uns ist. Je enger die Kontakte, je größer das Vertrauen und je besser die Einbindung lokaler Kompetenz auf nationaler Ebene, desto erfolgreicher kooperieren wir in Krisensituationen. Geschlossene Grenzen trennen Menschen, unterbrechen Lieferketten und zerstören Vertrauen – ein gefährlicher Rückschritt, der sich keinesfalls wiederholen darf!
Zentrale Handlungsfelder des Weimarer Dreiecks sollten Klimaschutz und Energiewende, die Digitalisierung und die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit unserer Länder werden. Moderne gemeinsame Industrievorhaben könnten dabei den Wohlstand von morgen fördern.
In der EU sollte das Weimarer Dreieck als Vermittler fungieren und dadurch helfen, die EU souveräner aufzustellen. Gerade in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik könnte es neue Dynamik ent-fachen und Impulse für die Nachbarschaftspolitik mit den östlichen Partnern und dem Mittelmeerraum und Afrika geben. So könnte das Weimarer Dreieck auch die EU-Migrationspolitik und die Politik ge-genüber Russland maßgeblich weiterentwickeln. Als NATO-Mitglieder liegt es in unserem ureigenen Interesse, die europäische Säule der NATO zu stärken und strategische Kernfähigkeiten weiterzuentwickeln. Wir sollten die PESCO vorantreiben und trilateral militärisch viel enger zusammenarbeiten. Nicht zuletzt könnte das Weimarer Dreieck auch zur Vollendung der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion beitragen, insbesondere wenn Polen sich entscheiden sollte, der Eurozone beizutreten.
Auf der parlamentarischen Ebene bietet die Deutsch-Französische Parlamentarische Versammlung ein spannendes Forum, um strukturiert mit polnischen Abgeordneten zusammenzuarbeiten und in Zukunft ein gemeinsames Format für das Weimarer Dreieck aufzusetzen. Unsere Ambition muss sein, gerade dann im Dialog zu bleiben, wenn die Zusammenarbeit zwischen unseren Regierungen stockt.
Klar ist aber, dass wir nicht über unsere Grundwerte verhandeln. Der unmissverständliche Einsatz für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit war 1991 identitätsstiftend für das Weimarer Dreieck und muss es auch in Zukunft bleiben. Vor dreißig Jahren haben unsere Länder mit Zielstrebigkeit, Optimismus und Beharrlichkeit große Herausforderungen bewältigt. Mit der gleichen Überzeugung sollten wir dreißig Jahre später neue Projekte für die Zukunft des Weimarer Dreiecks definieren.
Autoren:
Michael Georg Link, Mitglied des Deutschen Bundestages
Sylvain Waserman, Mitglied der französischen Assemblée Nationale
Katarzyna Lubnauer, Mitglied des polnischen Sejm